Handwerk Magazin: Wissen wo der Hammer hängt

Lesen Sie in der Mai-Ausgabe des Handwerk Magazins das Interview von Thomas Müller zum UnTouch System und die globale Entwicklung der Trackingsysteme.

Mit Trackingsystemen lassen sich Werkzeuge und Baumaschinen besser organisieren, weil jederzeit prüfbar ist, wo welches Gerät im Einsatz ist. Hier sind die wichtigsten Lösungen. 

Autor Thomas Hafen Fotograf Jens Nieth

Jürgen Küppers hat zahlreiche Versuche unternommen, um seine Werkzeuge und deren Gebrauch durch seine zehn Mitarbeiter zu organisieren: Handschriftliche Listen, Excel-Tabellen, Werkzeugmarken. Richtig zufrieden war er mit keiner dieser Lösungen zur Werkzeugverwaltung. „Die handschriftlichen Listen waren schnell unleserlich, in die Excel-Tabellen schlichen sich Tippfehler ein und mit Werkzeugmarken ließ sich nicht chronologisch nachvollziehen, wer wann welche Maschine im Einsatz hatte“, sagt der Geschäftsführer des Heizungs-, Klima- und Sanitärfachbetriebs G. Küppers aus Krefeld. Als Mitglied im IT-Ausschuss des Zentralverbandes Sanitär, Heizung, Klima (ZVSHK) diskutierte er das Thema mit Thomas Müller, Geschäftsführer der Internet- und Softwarefirma Coeln Concept. „Wir wollten gemeinsam eine Anwendung entwickeln“, erklärt Müller, „die typische Fragen eines Handwerksbetriebs beantwortet: „Wo sind die Werkzeuge und Maschinen? Wer hat sie als Letzter benutzt? Wieso liegt die Maschine defekt im Schrank? Wann muss sie zur Wartung? Ist die Maschine nächste Woche verfügbar?“

Genau diese Fragen stellen sich täglich viele Firmenchefs in Handwerksbetrieben. Doch inzwischen gibt es Systeme, die Antworten liefern. Eine professionelle Betriebsmittelverwaltung auf IT-Basis, auch Maschinen-Tracking genannt, gibt es zum Beispiel von großen Geräteherstellern wie Hilti mit dem cloudbasierten „ON!Track“ oder dem System „TrackMyTools“ von Bosch. Der Markt ist enorm, geht man nur davon aus, dass nahezu jeder Handwerksbetrieb über Betriebsmittel wie Maschinen, Elektrogeräte bis hin zu Leitern oder Spezialwerkzeug verfügt. Und rentabel ist so ein System für Handwerksbetriebe ab acht bis zehn Mitarbeitern, rät IT-Experte Thomas Müller von Coeln Concept.

Konkrete Verkaufszahlen nennen aber weder Hilti noch Bosch. Das liegt auch daran, dass beide erst mit ihren Angeboten gestartet sind. Allerdings hat Hilti schon 2014 bei 200 Bauunternehmen in Deutschland und der Schweiz nachgefragt, wozu sie Software nutzen: 94 Prozent nannten Ausschreibungen, 86 Prozent Rechnungswesen, 39 Prozent Projektmanagement und immerhin 26 Prozent die Betriebsmittelverwaltung.

Neben den großen Playern Bosch und Hilti gibt es Lösungen von Softwarehäusern, die produktneutral sind (siehe Marktübersicht auf Seite 44).

Zum Beispiel das Trackingsystem von Handwerksunternehmer Jürgen Küppers und Thomas Müller. Die Entstehungsgeschichte erklärt anschaulich, worauf es bei Systemen ankommt und wo Stärken und Schwächen liegen. Zunächst überlegten sie, ein Trackingsystem auf RFID-Basis (siehe Kasten: Techniken zur Maschinenerfassung) zu entwickeln, verwarfen die Idee aber wieder. „Für die Erfassung benötigt man spezielle Lesegeräte, was den mobilen Teil des Systems teuer macht“, erklärt Küppers.

Sie entschieden sich deshalb für eine Lösung auf NFC-Basis (Near-Field Communication). NFC-Tags basieren auf der RFID-Technik, lassen sich aber mit handelsüblichen Smartphones auslesen, sofern diese NFC-fähig sind. „Das ist ein ganz anderes Preisniveau“, sagt Küppers, „es müssen keine zusätzlichen Geräte angeschafft werden und der Umgang damit ist dem Handwerker geläufig.“ Apple-Geräte bleiben dabei allerdings außen vor. Zwar besitzt das iPhone ab Version 6 ei-nen NFC-Chip, dieser ist vom Hersteller aber bislang nur für das Bezahlen mit „Apple Pay“ vorgesehen.

Nach einem halben Jahr Entwicklungsarbeit war das System produktiv einsatzfähig. „Mittlerweile ist die Benutzeroberfläche sehr bedienerfreundlich und auch die Geräte sind toll“, erklärt Küppers. Das System ist unter dem Namen „UnTouch“ erhältlich. Mitgliedsunternehmen des ZVSHK können die Anwendung als „ZVTOOL“ zu einem Vorzugspreis beziehen (siehe Marktübersicht). „Das System hat bereits zahlreiche Anwender aus den unterschiedlichsten Gewerken gefunden“, freut sich Müller, die Nachfrage nehme stark zu, auch weil es inzwischen auf mehreren Branchen-messen präsentiert wurde. 

Datenbank in der Cloud

Braucht ein Mitarbeiter im Betrieb G. Küppers nun ein Werkzeug oder eine Maschine, wendet er sich an eine der vier zur Ausgabe berechtigten Personen. Die-se identifiziert sich per persönlichem NFC-Tag über das Smartphone am System und liest dann die Daten des Entleihers sowie der Maschine ein. Alle Informationen werden vom Smartphone per WLAN an die Verwaltungssoftware geschickt. Bei der Rückgabe identifizieren sich Monteur und Maschine wieder am System.

Gegebenenfalls erfasst der Verantwortliche bei der Rücknahme auch noch den Zustand des Werkzeugs, falls beispielsweise eine Reparatur notwendig ist.

Auch periodische Wartungstermine lassen sich im System hinterlegen. Alle Daten werden in einer Cloudbasierten Datenbank gespeichert, auf welche die Anwender per Browser von überall zugreifen können. Durch den Cloud-Ansatz ist die Lösung prinzipiell nicht begrenzt. Sie lässt sich mit 100, 1.000 oder 10.000 Maschinen verwenden. „Ab 50 bis 100 Maschinen und Ausrüstungsteilen lohnt sich der Einsatz wirtschaftlich“, sagt Handwerksunternehmer Küppers.

Finderbox von IdentPro

Auch Anbieter IdentPro verwendet bei seiner Lösung „finderbox.net“ NFC zur Kennzeichnung der Werkzeuge und Maschinen. Das System funktioniert ähnlich wie ZVTOOL: Der Anwender erfasst das Werkzeug mithilfe einer Smartphone-App, die Verwaltung erfolgt über eine cloudbasierte Web-Applikation, die auf dem Microsoft-Dienst Azure aufsetzt.

Die Server stehen in Amsterdam und Irland. Stündliche Backups sollen für eine besonders hohe Datensicherheit sorgen. Obwohl sich die Server nicht in Deutschland befinden, würden alle Vor-schriften des Bundesdatenschutzgesetzes eingehalten, betont IdentPro.

ON!TRack von Hilti

Auf traditionelle Barcodes und RFID-Tags setzt dagegen „ON!Track“ von Hilti. RFID (Radio-Frequency Identification) ist ein Sende-Empfänger-System, das über elektromagnetische Wellen Informationen zur Identifikation von Objekten bereit-stellt, Das System ist eher für größere Be-triebe gedacht, aber natürlich ist es auch im kleinen Handwerksbetrieb einsetzbar, und es funktioniert auch mit Maschinen und Geräten anderer Hersteller. Es bietet neben dem herstellerunabhängigen Tracking mithilfe einer Barcode-Lese-App oder einem RFID-Lesegerät auch die Möglichkeit, Prüfungstermine etwa beim TÜV zu verwalten und sich daran erinnern zu lassen.

Schnittstellen zu Branchenlösungen und kaufmännischer Software sind in Planung. Auch ON!Track ist Cloud-basiert, der Zugriff erfolgt per Webanwendung aus dem Browser. Wo die Server stehen und wie die Daten gesichert sind, sagt der Hersteller nicht. Hilti bietet eine Reihe begleitender Beratungsdienste an. So kann der Kunde beispielsweise erst einmal seinen Bedarf an einem Betriebs-mittelmanagement ermitteln lassen. Die Hilti-Spezialisten erstellen vor Ort ein individuelles Konzept, begleiten die Implementierung und unterstützen mit Schulungen bei der Einführung. Hilti hat ON!Track gemeinsam mit Kunden entwickelt und an die Bedürfnisse unterschied-licher Gewerke angepasst.

Tool Tracker net von Etiscan

Barcode und RFID-Tags sind auch das Mit-tel der Wahl bei „Tool Tracker.net“ von Anbieter Etiscan. Mobile Datenerfassungsgeräte identifizieren die mit Barcode Klebern oder Transpondern bestückten Werkzeuge und leiten diese Daten entweder direkt per WLAN in die zentrale Erfassung weiter oder speichern sie im Gerät, bis dieses eine Verbindung zum Netzwerk bekommt.

Neben den Scannern in verschiedenster Ausführung liefert der Hersteller auch Etikettendrucker sowie Tablets und Fahrzeugterminals, die für den Einsatz in der Logistik optimiert sind. Als einzige hier vorgestellte Lösung basiert die Verwaltung von Tool Tracker.net nicht auf einer Cloud-Plattform, sondern auf einer lokal installierten Software.

TrackMyTools von Bosch

Anders als die bisher erwähnten Lösun-gen setzt Bosch bei seinem Trackingsystem „TrackMyTools“ nicht auf Barcodes oder passive Transponder, sondern auf Bluetooth Low Energy (BTLE). Das ist Funktechnik zur Nahfeldvernetzung von Geräten, mit deutlich weniger Stromverbrauch als im herkömmlichen Bluetooth-Standard. „Mit BTLE haben wir uns nicht nur für einen weltweit anerkannten Standard entschieden, sondern auch für eine Technologie, die in beinahe allen Smart-phones zur Verfügung steht“, begründet Martina Ehrmann, verantwortlich für Bosch Profi-Elektrowerkzeuge in Europa, die Entscheidung. Außerdem sei ein Datenaustausch auf bis zu 30 Metern Entfernung möglich. „Dies ist sowohl bei Bar-code als auch bei RFID nicht gegeben“, so Ehrmann. So kann ein Handwerker auf einen Blick alle Werkzeuge in seinem Fahrzeug erfassen. ohne jedes einzeln einscannen zu müssen. Anders als die passiven RFID/NFC-Tags verbrauchen die Bluetooth-Module allerdings Strom. Die mitgelieferte Batterie soll laut Bosch für drei Jahre Betrieb genügen.

Das Bluetooth-Modul wird mit einem im Lieferumfang enthaltenen Zweikomponentenkleber an Arbeitsmitteln wie Leitern, Kabeltrommeln, Werkzeugen, Transport- oder Zubehörkoffer befestigt. Auch eine Befestigung am Kabel einer Maschine ist möglich. Zukünftig soll das Modul auch in Geräte integriert werden können. Dank Zertifizierung nach Schutzart/Robustheitsklasse IP67/IK04 sollen die Module auch in rauen Umge-bungen zuverlässig funktionieren. Der Bluetooth-Baustein sendet alle acht Se-kunden ein Signal, das von Smartphones und Tablets mithilfe der App „TrackMy-Tools“ erkannt wird. Das mobile Endgerät sendet dann die Maschinenkennung zusammen mit Zeit-, Benutzer- und den letzten Lokalisierungsdaten des Arbeitsmittels an den Server. Dieser befindet sich in der „Bosch IoT Cloud“, einer Private Cloud der Bosch-Gruppe, die ebenfalls in deutschen Rechenzentren betrieben wird. Über Schnittstellen ist eine Anbindung an Betriebssoftware möglich.

Allerdings sind Bluetooth-Module deutlich größer und teurer als RFID- beziehungsweise NFC-Sender. 100 Bluetooth-Module kosten 1.490 Euro. Zum Vergleich: Im Starterpaket von UnTouch sind im Preis von 850 Euro nicht nur 100 Maschinen-Tags, sondern auch noch 10 Personen-Tags (= Schlüsselanhänger), ein Smartphone, die Setup-Gebühr sowie eine Jahreslizenz für die Verwaltungssoftware enthalten.

One-Key von Milwaukee

Einen etwas anderen Weg bei der Maschinenverwaltung geht der Gerätehersteller Milwaukee. Das System One-Key hat als Basis zunächst drei neue Akkugeräte mit fest integriertem Bluetooth-Modul und eine kostenlose, cloudbasier-te App. Das System selbst kostet also nichts, man bezahlt aber für die Geräte etwas mehr. Ein Schlagschrauber mit Bluetooth-Technik ist rund 20 Euro teurer als sein Pendant ohne Schnittstelle. One-Key vereint drei wesentliche Funktionen: die Geräte-Kontrolle,­ ein Geräte Reporting und ein herstellerunabhängiges Bestandsmanagement. Letzteres ermöglicht, Geräte und Ausrüstung auf einer Plattform zu verwalten. Es lassen sich Zeitpunkte für Wartungsintervalle einstellen und Informationen zur Servicehistorie auslesen.

Positives Fazit

Jürgen Küppers ist nach einem Jahr Praxiseinsatz­ mit dem Branchenprojekt ZVTOOL sehr zufrieden: „Die Werkzeugkultur bei den Mitarbeitern ist drastisch besser geworden“, sagt er. Wenn eine Maschine nicht in Ordnung ist, werde das nun auch zuverlässig gemeldet.

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Handwerk Magazin Mai 2016